EG – Nummer 5 8 0 - "Gloria" aus Taize

 

Eine Bemerkung vorab: Zu dem Komponisten des Liedes Jacques Berthier bzw. allgemein zu den Taize-Komponisten habe ich im "Monatslied April" schon ausführlich informiert. Bei Interesse kann man die Informationen zum Monatslied &xnbsp;hier nachlesen.

Text: Im aktuellen Gemeindeheft "Einblick" Nummer 242 wird ausführlich über das Gloria als Bestandteil des Gottesdienstablaufs berichtet. Aus diesem Grund habe ich als Monatslied Oktober eine Vertonung des Gloriatextes durch Jacques Berthier gewählt.

Mit Gesängen beten

Frère Roger hatte oft darauf hingewiesen, wie wichtig Musik und Gesang im Leben der Communauté von Anfang an waren. Mit Gesängen beten ist eine wesentliche Form der Suche nach Gott. Kurze, stets wiederholte Gesänge schaffen eine Atmosphäre, in der man gesammelt beten kann. Der oftmals wiederholte, aus wenigen Wörtern bestehende und schnell erfasste Grundgedanke prägt sich allmählich tief ein. Meditatives Singen ohne jede Ablenkung macht bereit, auf Gott zu hören. Alle können im gemeinsamen Gebet in solche Gesänge einstimmen und zusammen ohne engeren zeitlichen Rahmen der Erwartung Gottes Raum geben. Wo es Vertrauen auf Gott zu wecken gilt, sind Stimmen von Menschen, die sich im Gesang vereinen, unersetzlich. Ihre Schönheit lässt – wie die Christen in der Ostkirche sagen – etwas von der "Freude des Himmels auf der Erde" spüren. Inneres Leben kann sich entfalten. Die Gesänge sind auch eine Hilfe für das persönliche Gebet. Sie bewirken allmählich eine innere Einheit des Menschen in Gott. Während der Arbeit, bei Gesprächen und in der Freizeit können sie unterschwellig weiterklingen und so Gebet und Alltag verbinden. Sie setzen – und sei es im Unterbewusstsein – das Gebet in der Stille des Herzens fort.

Was um alles in der Welt ist Taizé? – Gedanken eines Taize-Reisenden

Nun ja, Taizé ist ein klein wenig wie der allererste Kuss. Man kann zwar durchaus versuchen ihn zu beschreiben, aber mit diesem schwerfälligen Ringen nach Worten wird man der Faszination und Schönheit der Sache nicht einmal ansatzweise gerecht. Selbst ausprobieren lautet hier die Devise! Taizé hat eine ganz spezielle Magie, einen Zauber, der einen tief im Innersten berührt und den man nie wieder vergisst.

Taizé ist ein Ort der Begegnung, des Friedens und der gelebten Ökumene, es ist Seelenbalsam und spirituelle Zapfsäule. &xnbsp;Eine Woche in Taizé schenkt innere Ruhe, hilft zu sich selbst zu finden, klärt viele Fragen und gibt Halt. &xnbsp;Taizé ist - nun ja - Taizé ist eben einfach Taizé!


Akustisches Baldrian

Die Magie der Klänge - Was zeichnet die Lieder von Taizé aus, was macht sie für MICH ganz persönlich so einzigartig und unvergesslich? (Eure persönlichen Erfahrungen müssen sich natürlich keineswegs mit den meinen decken!)

Sie sind schlicht - &xnbsp;Schlicht keineswegs im Sinne von banal oder simpel, sondern frei von Schnörkeln und Zierrat. Hinter diesen nur scheinbar so "einfachen" Melodien, die sich dem Ohr mühelos, fast spielerisch einprägen, steckt mit Sicherheit sehr viel Erfahrung, Arbeit und musikalisches Wissen. Die kurzen Texte prägen sich schon nach wenigen Durchgängen ein. Am Anfang äuge ich meistens noch kurz in das Textheft, aber gegen Ende der Woche fließen die meisten Texte wie von selbst (slawische Zungenbrecher mal ausgenommen) Ich kann die Augen schließen und mich auf die Musik konzentrieren. Durch die vielen Wiederholungen habe ich ausreichend Zeit mich auf ein neues Lied einzustellen, es langsam zu verinnerlichen. Ich kann ein paar Durchgänge nur lauschen, und dann die ersten schüchternen akustischen Eroberungsversuche starten.

Sie sind unglaublich schön - Schönheit ist für mich etwas, das mich tief im Innersten berührt, etwas das sich mit dem beengenden Korsett des Wortes kaum beschreiben lässt. Ich muß sie spüren, erfühlen, mich ihr hingeben. Die Lieder von Taizé haben für mich eine akustische, aber auch eine emotionale und spirituelle Schönheit. In ihnen hat der musikalische Ohrwurm die höchste Stufe der Evolution erreicht.

Sie umhüllen und tragen mich - Taizélieder besitzen ein ungemein hohes "Kuschelpotential", ich fühle mich geborgen, ruhig und sicher. Die Töne weben einen klingenden Schutzraum, einen spirituellen Farady´schen Käfig in dem mir nichts zustoßen kann. Hier entsteht ein Ort der alles Negative neutralisiert, ein Ort an dem ich loslassen und einfach nur sein kann. Die unterschiedlichsten Emotionen tauchen in mir auf; Freude, Zärtlichkeit, Begeisterung, Ergriffenheit, Friede. Manchmal drängen unvermutet Tränen an die Oberfläche, wenn irgendwelche Altlasten freigespült werden. Taizé beschleunigt das Recycling von Seelenschrott.

Sie vermitteln ein starkes Gemeinschaftsgefühl - Ich habe den Eindruck, dass sich bei dem gemeinsamen Gesang eine ungeheure Energie aufbaut, ein starkes Gemeinschaftsgefühl und eine tiefe Verbundenheit mit den Anderen. Ich erhalte eine gewisse Führung, eine Art geistiger Spurrillen, denen ich zusammen mit den Anderen folge. Es ist ein meditativer Sog der mich und alle anderen sanft mit sich trägt.

Sie überfordern mich nicht - Meine Annährung an den Glauben ist noch relativ jung und steht auf tönernen Füßen. Diese Lieder sind eine meditative Form des Gebets das mich nicht überfordert, Anbetung ganz tief aus dem Bauch heraus. Bei einem "normalen" Gebet gerate ich in regelrechten "Prüfungsstress". Ich soll eine Leistung erbringen, von der ich nicht den leisesten Schimmer habe, wie sie eigentlich aussehen soll. Erschwerend kommt hinzu, dass der "Prüfer" bisher nicht anwesend war oder ich ihn zumindest noch nicht bewusst wahrgenommen habe. Rückfragen fallen damit auch flach. Die Lieder helfen mir aus meiner Unsicherheit mich an einen Gott zu wenden, den ich erst seit relativ kurzer Zeit suche. Sie bieten mir ein vermittelndes Medium, ein Werkzeug nach dem ich dankbar greife. Ich kann mich nur von der Energie der Gemeinschaft tragen lassen oder gleichzeitig mit meinem eigenen kleinen Klangfaden am spirituellen Gesamtteppich mitweben. Sie stillen eine Sehnsucht, von der ich lange Zeit nicht gewusst habe, daß sie überhaupt existiert.

Sie begleiten mich - Die Lieder sind nicht nur auf den Gottesdienst beschränkt, sie begleiten mich auch im Alltag. Ich muss nicht mehr bewusst singen, sondern "es" singt in mir. Mein Herz, meine Seele, mein Innerstes, mein weiß der Geier! Oft wird mir erst nach geraumer Zeit bewusst, daß ich eine Taizélied vor mich hinsumme oder singe.