EG - Nummer 3 1 7 - "Lobe den Herren ..."

Vorbemerkung

Seid 6 Jahren gibt es nun das "Monatlied" in unserer Gemeinde mit dem jeden Monat ein Lied unseres Gesangbuches in der Gemeinde bekannter gemacht wird. So haben wir in einem Jahr verschiedenen Kanons mit der Gemeinde kennen gelernt, oder wie in 2009 uns mit dem Monatslied an der von der EKD veranstalteten Reihe unter dem Titel "beten09" beteiligt. Für das Jahr 2012 steht das Monatslied auf dem Hintergrund des EKD-Jahresthemas "Jahr der Kirchenmusik" unter dem Thema "Altes Liedgut – neu gesungen". Hier versuche ich jeden Monat ein Lied (sei es ein bekanntes oder unbekanntes) entweder bekannt zu machen oder in anderer Umsetzung zu erleben. Das Monatslied für September ist das Leitlied der Trinitatiszeit "Lobe den Herren", welches im EG unter der Nummer 317 steht.

Leitlied im Jahr der Kirchenmusik

Zu jedem Sonn- und Feiertag und zu den Kirchenjahreszeiten wurden für 2012 Leitlieder ausgewählt. Diese Lieder der musikalischen Staffette "366+1, Kirche klingt 2012" verbinden die Gemeinden durch die Wochen des Musikjahres. Auch in Orten, in denen keine "366+1"-Veranstaltungen stattfinden, sollen die Lieder schlicht gesungen oder einmal anders musiziert werden. Dafür finden sich jeweils einige Wochen vorher vielfältige und spontan umsetzbare Anregungen in der "Materialen"-Rubrik. Neue und alte Notensätze sind außerdem in dem Liederbuch für Chöre "Frau Musica spricht... Chorbuch Reformation" erschienen.
Die jeweiligen Leitliede, sowie weiterführende Information können sie im Internet unter www.ekd.de/reformation-und-musik nachlesen.

Gestaltungsmöglichkeit des Leitliedes

Stephan Goldschmidt gibt zu dem Lied folgende Gestaltungsmöglichkeit: Der psalmartige Charakter des Liedes kann unterstrichen werden, indem die Gemeinde und ein Chor abwechselnd singen. So kann die Gemeinde beginnen und die Wiederholung des ersten Teils durch den Chor übernommen werden. Anschließend singen Gemeinde und Chor zusammen. Der Chor kann dann – ähnlich wie von Neander ursprünglich gedacht – die letzte Zeile noch einmal leise wiederholen. Alternativ für Chor/Gemeinde kann auch die Aufteiling in Kanzel- / Orgelseite oder Männer / Frauen erfolgen.

Beispiel für Strophe 1:

Gemeinde / Kanzelseite / Männer:
Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren.
Chor / Orgelseite / Frauen:
meine geliebete Seele, das ist mein Begehren.
Gemeinde und Chor / alle
Kommet zuhauf, Psalter und Harfe, wacht auf, lasset den Lobgesang hören.
Chor / Orgelseite / Frauen
lasset den Lobgesang hören.

Gedanken zu Lobe den Herren, den mächtigen König von Michael Fischer

Das Lied gehört konfessionsübergreifend zu den bekanntesten Kirchenliedern der Gegenwart. Sein Ursprung liegt im 17. Jahrhundert: Verfasst hat es der reformierte Theologe, Lieddichter und -komponist Joachim Neander (1650–1680) als Lied zu Psalm 103. Neander zählt zu den bedeutendsten Lieddichtern des reformierten Pietismus. 1680 hat er in Bremen seine "Glaub- und Liebesübung" veröffentlicht, die "Bundes-Lieder und Danck-Psalmen" enthält, darunter auch "Lobe den Herren" (Edition A). Bestimmt waren diese Lieder zunächst nicht für den Gottesdienst, sondern sie sollten – wie es im Titel ausdrücklich heißt – "auff Reisen / zu Hauß oder bei Christen-Ergetzungen im Grünen" gelesen oder gesungen werden. Beigegeben ist dem Erstdruck eine ariose Weise im Dreier-Metrum mit Generalbass-Stimme. Grundlage dieser Melodie ist das geistliche Lied "Hast du denn, Jesu, dein Angesicht", auf das Neander ausdrücklich verweist (es geht auf ein weltliches Lied zurück):







Die heutige Melodiefassung ist das Ergebnis eines Umbildungsprozesses, der noch im 17. Jahrhundert einsetzt und erst Mitte des 18. Jahrhunderts abgeschlossen ist. Durch Nachdrucke der "Glaub- und Liebesübung" – in Dutzenden von Auflagen – gelangten die von Neander geschaffenen Lieder zunächst in reformierte, dann in pietistische und lutherische Gesangbücher. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts gehört das Lied zum evangelischen Kernbestand der Loblieder. Im Zeitalter der Aufklärung wurde es von verschiedenen Autoren in sprachlicher und theologischer Hinsicht revidiert. Insbesondere wurde in Strophe 5 die anstößige Formulierung "Abrahams Samen" (Ps 105,6) – welche auf die Christen als die neuen Kinder Israels anspielt – getilgt. Die breite und langanhaltende Rezeption des Liedes vom Barock bis in die Gegenwart bezeugen auch zahlreiche musikalische Bearbeitungen – sei es als Kantate (Johann Sebastian Bach, Friedrich Zipp), als Orgelbearbeitung (Johann Gottfried Walther, Sigrid Karg-Elert) oder als Choralmotette (Hugo Distler). In parodistischer Form wurde der Neander-Choral von Bertolt Brecht umgestaltet ("Großer Dankchoral") und von Kurt Weill in das "Berliner Requiem" (1929) integriert. Schon früh ist das Lied in nichtkirchlichen Gebrauchsliederbüchern enthalten, etwa im Ersten Teil der Sammlung "Auswahl deutscher Lieder" (Leipzig 1830). Dort sind patriotische Gesänge und "Festgesänge für Siegestage" abgedruckt. Neben "Ein feste Burg ist unser Gott" und "Nun danket alle Gott" gehört das Neander-Lied zu denjenigen geistlichen Gesängen, die besonders oft und intensiv national vereinnahmt wurden. In Ludwig Erks "Volksgesangbuch" von 1868 stehen diese drei Lieder nicht zufällig beisammen. Im "Deutschen Liederhort" von Erk und Franz Magnus Böhme (Leipzig 1894) ist zu lesen, dass das Lied "1892 bei der Grundsteinlegung zum Kaiserdenkmal auf dem Kyffhäuser und bei anderen öffentlichen Dankfesten gesungen" worden sei. Die katholische Rezeption setzt erst im 20. Jahrhundert ein. Ausgangspunkt für die Kanonisierung war die Sammlung "Kirchenlied" von 1938. Die dort abgedruckte vierstrophige Fassung wurde 1975 mit leichten Veränderungen in das katholische Einheitsgesangbuch "Gotteslob" übernommen. Auch über die Grenzen der christlichen Konfessionen hinweg stieß das Lied auf Resonanz, etwa in einem Freimaurer-Liederbuch (Lübeck 1926) in der Rubrik "Dem allmächtigen Baumeister aller Welten".