Vorbemerkung
Seid 6 Jahren gibt es nun das "Monatlied" in unserer Gemeinde
mit dem jeden Monat ein Lied unseres Gesangbuches in der Gemeinde bekannter
gemacht wird. So haben wir in einem Jahr verschiedenen Kanons mit der Gemeinde
kennen gelernt, oder wie in 2009 uns mit dem Monatslied an der von der EKD
veranstalteten Reihe unter dem Titel "beten09" beteiligt. Für das Jahr 2012 steht
das Monatslied auf dem Hintergrund des EKD-Jahresthemas "Jahr der Kirchenmusik"
unter dem Thema "Altes Liedgut – neu gesungen". Hier versuche ich jeden Monat
ein Lied (sei es ein bekanntes oder unbekanntes) entweder bekannt zu machen
oder in anderer Umsetzung zu erleben. Das Monatslied für November ist das Lied
von Jochen Klepper, dessen 70.Todestag wir im Dezember gedenken: "Ja, ich will
euch tragen", welches im EG unter der Nummer 380 steht.
Für den Monat Dezember empfehel ich das Lied von Jochen Klepper: "Die Nacht ist
vorgedrungen", welches im EG unter der Nummer 16 steht als Adventslied.
Texter: Jochen Klepper
Jochen Klepper, geboren am 22. März 1903 in Beuthen an der
Oder, gestorben am 11. Dezember 1942 in Berlin, war ein deutscher Journalist,
Schriftsteller und
einer der bedeutendsten
geistlichen Liederdichter des 20. Jahrhunderts. Er wurde als Sohn eines
evangelischen Pfarrers geboren. Er besuchte das Gymnasium in Glogau und
studierte dann zunächst Evangelische Theologie in Erlangen und Breslau. Rudolf
Hermann brachte ihm Martin Luther nahe und wurde sein väterlicher Freund. Wegen
seines labilen Gesundheitszustandes verzichtete er jedoch darauf, Pfarrer zu
werden. Er begann beim Evangelischen Presseverband für Schlesien in Breslau
unter Leitung von Kurt Ihlenfeld als Journalist zu arbeiten. Währenddessen
belastete ihn ein Konflikt mit seinem Vater schwer. Am 28. März 1931 heiratete
er die um 13 Jahre ältere jüdische Rechtsanwaltswitwe Johanna Stein geb.
Gerstel, die ihn bei der Realisierung seines Zieles einer Betätigung als freier
Schriftsteller unterstützte. Sie brachte ihre Töchter Brigitte und Renate mit
in die Ehe. Klepper leistete erfolgreiche Pressearbeit und bemühte sich um ein
anspruchsvolles Rundfunkprogramm. Im Herbst 1932 zog die Familie nach Berlin;
Jochen Klepper fand eine Anstellung beim Berliner Rundfunk, sein Vorgesetzter
dort war der Schriftsteller und Filmregisseur Harald Braun. Sein erster Roman
Der Kahn der fröhlichen Leute, der das Leben an und auf der Oder beschreibt,
wurde bei der DVA angenommen und 1933 veröffentlicht. Er gilt als
anspruchsvolle Heimatdichtung.
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im
Januar 1933 begann die Gleichschaltung des Rundfunks. Da Klepper bis zum
Oktober 1932 Mitglied der SPD gewesen war, wurde er Mitte 1933 aus Rundfunk und
Verlag entlassen. Er hatte seinerzeit im Vorwärts eine Reihe von Reportagen zum
Leben der Kinder 1932 geschrieben. Zu dieser Zeit lebte Klepper im Berliner
Ortsteil Südende, wo sich heute der Jochen-Klepper-Park mit einem Gedenkstein
befindet. Im Juli 1933 erhielt er eine Stelle im Redaktionsbüro einer
Funkzeitschrift. Mit Datum vom 24. Februar 1934 konnte er seine Aufnahme in die
Reichsschrifttumskammer erreichen. Da Johanna und ihre beiden Töchter nach
Definition der Nürnberger Rassegesetze Jüdinnen waren, geriet die Familie
zunehmend unter Druck. Jochen Klepper sah in der wachsenden Judenfeindlichkeit
Frevel an Gott. Er verfolgte das Zeitgeschehen und auch den Weg der
evangelischen Kirche zwischen Anpassung und Bekennender Kirche mit großer
Anteilnahme und Sorge. Seit 1933 stellte er seinen Tagebuchaufzeichnungen die
Herrnhuter Losungen der Brüdergemeine voran und lebte viel bewusster mit dem
Bedenken des Wortes Gottes. Im Oktober 1934 besuchte er seinen sterbenden Vater
in Beuthen. Auf Anregung von Reinhold Schneider schrieb er für die Weißen
Blätter; sein erster Artikel erschien dort im Dezember 1935. Drei Jahre lang
arbeitete er im Verborgenen an seinem neuen Roman Der Vater. In diesem Roman
bearbeitete er nicht nur anhand des Konflikts zwischen dem preußischen
Soldatenkönig, Friedrich Wilhelm I., und dessen Sohn Friedrich II. dem Großen
seinen eigenen Vater-Sohn-Konflikt, sondern entwirft im Bild eines Königs, der
in allem nach Gott fragt und sich als "ersten Diener im Staat" begreift, das
Gegenbild zum Führerkult des Nationalsozialismus. Der Roman erschien im Februar
1937 im Buchhandel und wurde ein Verkaufsschlager, besonders in preußisch
gesinnten Kreisen; er wurde Pflichtlektüre für Offiziere der Wehrmacht.
Andererseits erfolgte kurz nach Erscheinen des Romans am 25. März 1937 der
Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer, was einem Berufsverbot und
Arbeitslosigkeit gleichkam. Klepper erwog die Flucht ins Ausland, konnte sich
aber nicht dazu überwinden. Per Ausnahmegenehmigung konnte er 1938 den
Gedichtband Kyrie herausgeben. Jochen Klepper liebte die Stadt Berlin,
Naturerleben, eine gepflegte Häuslichkeit, Blumen und Musik; er pflegte
Freundschaften. Er litt darunter, keine leiblichen Kinder zu haben, war oft
schwermütig. Am 18. Dezember 1938 ließ sich Johanna Klepper in der
Martin-Luther-Gedächtniskirche, Berlin-Mariendorf von Pfarrer Kurzreiter
taufen. Anschließend wurde das Ehepaar Klepper kirchlich getraut. Seine ältere
Stieftochter, Brigitte, konnte kurz vor Kriegsausbruch über Schweden nach
England ausreisen. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärfte sich die
Verfolgung der Juden. Ab 1938 wohnte die Familie in Berlin-Nikolassee in der
Teutonenstraße 23. Jochen Klepper erhielt am 25. November 1940 die Einberufung
zur Wehrmacht und war vom 5. Dezember 1940 bis 8. Oktober 1941 Soldat. Er wurde
in Polen, auf dem Balkan und im Bereich der Sowjetunion eingesetzt. Wegen
seiner "nichtarischen Ehe" wurde er jedoch bereits nach zehn Monaten als
"wehrunwürdig" entlassen. Ende 1942 scheiterte die Ausreise der jüngsten
Tochter ins rettende Ausland und ihre Deportation stand unmittelbar bevor.
Überdies musste Klepper nach einer persönlich erteilten Auskunft des
Reichsinnenministers Wilhelm Frick davon ausgehen, dass Mischehen zwangsweise
geschieden werden sollten und damit auch seiner Frau die Deportation drohte. Die
Familie nahm sich in der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember 1942 durch
Schlaftabletten und Gas gemeinsam das Leben. Die letzte Eintragung im Tagebuch
Kleppers lautet:
"Nachmittags die Verhandlung auf dem Sicherheitsdienst.
Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott – Wir gehen heute nacht gemeinsam in den Tod.
Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des Segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick
endet unser Leben."
Die Familie Klepper wurde auf dem Friedhof Nikolassee
bestattet. Die Grabstätte befindet sich in der Abteilung JI-1/2. Der geplante
Roman Das ewige Haus blieb Fragment; Thema des Romans sollte das evangelische
Pfarrhaus sein, wie es von Martin Luther und seiner Frau Katharina modellhaft
etabliert worden war. Nur das erste Kapitel ("Die Flucht der Katharina von
Bora") hat Gestalt angenommen. 2008 unternahm Thorsten Becker den Versuch, Das
ewige Haus fertig zu schreiben – mit umstrittenem Ergebnis. Bleibende Bedeutung
kommt den Tagebuchaufzeichnungen Kleppers zu, der akribisch genauen
beklemmenden "Anatomie" des nationalsozialistischen Systems, beginnend mit den
"kleinen Schritten" der "Gleichschaltung" bis zum finalen Inferno des
Rassenwahns und des totalen Kriegs. Kleppers Tagebücher lassen sich quasi
komplementär zu Victor Klemperers Tagebüchern lesen. Das ihm und seinem Freitod
von Reinhold Schneider gewidmete Sonett konnte erst 1946 nach Ende des Krieges
erscheinen. Seine geistlichen Lieder in der Sammlung Kyrie wurden bald unter
anderen von Johannes Petzold und Samuel Rothenberg vertont und haben in großem
Umfang Eingang in den Kanon der evangelischen Gesangbücher gefunden; er ist
nach Martin Luther und Paul Gerhardt der dritthäufigste Autor.
Internethinweise
Eine Liedersammlung der Klepperlieder und Gedanken über Jochen Klepper:http://www.kirchehoechstenbach.de/html/klepper_lieder.html
Eine Liedpredigt zu Jochen Kleppers Lied "Ja, ich will euch tragen":http://www.kirchezumhoeren.de/reddot/3994.php
Noten und Text zum Monatslied:http://www.kirchehoechstenbach.de/Klepper_13_Ja__ich_will_euch_tragen.pdf
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