EG - Nummer 1 0 0 - "Wir wollen alle fröhlich sein..."

Vorbemerkung

Seid 6 Jahren gibt es nun das "Monatlied" in unserer Gemeinde mit dem jeden Monat ein Lied unseres Gesangbuches in der Gemeinde bekannter gemacht wird. So haben wir in einem Jahr verschiedenen Kanons mit der Gemeinde kennen gelernt, oder wie in 2009 uns mit dem Monatslied an der von der EKD veranstalteten Reihe unter dem Titel "beten09" beteiligt. Für das Jahr 2012 steht das Monatslied auf dem Hintergrund des EKD-Jahresthemas "Jahr der Kirchenmusik" unter dem Thema "Altes Liedgut – neu gesungen". Hier versuche ich jeden Monat ein Lied (sei es ein bekanntes oder unbekanntes) entweder bekannt zu machen oder in anderer Umsetzung zu erleben. Das Monatslied für April ist das Lied "Wir wollen alle fröhlich sein", welches im EG unter der Nummer 100 steht.

Gedanken von Johannes Fleu (Eupen in Belgien)

Der Text der 1. Strophe stammt aus einer Handschrift aus dem 13. Jhd. des Zisterzienserinnen-Klosters Medingen bei Lüneburg, die Strophen 2-5 sind eine Umdichtung des Hymnus "Resurrexit Dominus" aus dem 14. Jhd. Die Melodie erscheint erstmals in einer Handschrift des Klosters Hohenfurt (Böhmen) 1410. Die jetzige Melodie erschien 1573 in Wittenberg. Die Melodie umfasst die Dezime, also das Unendliche. Weltumspannend ist die Oktave: Sie ist in 3 Abschnitte unterteilt und umfasst jeweils die Quinte und die Sexte. Als Reprise wird dann jeweils am Ende einer Strophe auf die gleiche Melodie ein Halleluja gesungen. Die erste Textzeile stellt das Motto des Liedes vor: "Fröhlich sein in der österlichen Zeit", Strophe 2 und 3 erläutern den Kern der christlichen Botschaft: "Jesus ist gestorben und auferstanden, er hat den Tod besiegt". Vers 4 und 5 rufen die Gemeinde zum Lob Gottes auf. Der Um-Dichter der Verse 2 – 5 ist Cyriakus Spangenberg. Er war als Student Hausgenosse Luthers in Wittenberg, dann Pfarrer in Eisleben. Er galt als radikaler Lutheraner, wurde mehrfach vertrieben und starb 1604 in Straßburg. Aus seiner umfangreichen Schriftstellerei sind sein "Christliches Gesangbüchlein" und eine große Zahl von Liedpredigten "Cithara Lutheri (1569)" bemerkenswert.

Texter Cyriacus Spangenberg

Cyriacus Spangenberg wurde am 7. Juni 1528 als Sohn des Südharzer Reformators Johannes Spangenberg in Nordhausen geboren. Nachdem er zunächst von seinem Vater unterrichtet worden war, schrieb er sich im Alter von 14 Jahren an der Universität Wittenberg ein. Während des Schmalkaldischen Krieges wirkte er als Lehrer in Eisleben und ging danach zurück nach Wittenberg, wo er um 1550 sein Studium abschloss. Im selben Jahre übernahm er zwischenzeitlich die Pfarrstelle seines verstorbenen Vaters an der Andreaskirche in Eisleben. Danach wurde er Schlossprediger in Mansfeld. Das nach dem Tode des Michael Caelius im Jahr 1559 ihm angebotene Amt des Generalsuperintendenten der gleichnamigen Grafschaft lehnte er ab und empfahl an seiner Statt Hieronymus Menzel. Als eifriger Anhänger Matthias Flacius kämpfte er gegen Philipp Melanchthon. Nachdem er Berufungen aus Nordhausen, Magdeburg und Lübeck abgelehnt hatte, ging Spangenberg nach Antwerpen, wo er Flacius persönlich kennenlernte und u.a. mit Flacius und Hermann Hamelmann die Confession der Gemeinde abfasste, in der zu der Zeit u.a. Johannes Saliger und Johannes Ligarius wirkten. . Die Erbsündenlehre des Flacius' wurde für ihn verhängnisvoll. Joachim Mörlin, Martin Chemnitz und Tilemann Hesshus wandten sich nach seiner Rückkehr gegen ihn. Spangenberg wurde des Manichäismus beschuldigt und verteidigte sich mit seiner Apologia. Der Streit tobte unter Theologen und Bürgern weiter, bis der Administrator von Magdeburg, Markgraf Joachim Friedrich, bewaffnete Bürger aus Halle Silvester 1574 nach Mansfeld schickte. Spangenberg floh und kam bis in die kursächsische Amtsstadt Sangerhausen. 1581 wurde er Pfarrer im oberhessischen Schlitz. 1595 siedelte er nach Straßburg über, wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Seine theologische und historische Schreibtätigkeit ist bemerkenswert. Sein Werk besteht aus Kommentaren, bearbeiteten Katechismen, Predigten, Cithara Lutheri (Predigten über Luthers Lieder), 21 Predigten über Luthers Leben. Zu seinen historischen Arbeiten zählen die Mansfelder und die Henneberger Chronica. Sein Sohn Wolfhart Spangenberg (1567-1636?) wurde Dichter von Tierfabeln und Schuldramen in Straßburg.

Komponisten: "Böhmische Brüder"

Böhmische Brüder (auch Mährische Brüder, tschechisch Jednota bratrská) waren eine religiöse Gemeinschaft, die im 15. und 16. Jahrhundert insbesondere in Böhmen auftrat und sich aus Mitgliedern der Taboriten und Waldenser bildete. Kennzeichen der Böhmischen Brüder in Lehre und Lebensweise waren eine am Urchristentum orientierte religiöse Auffassung, Kirchenzucht, die Verweigerung der Leistung von Kriegsdienst und Eid sowie die Ablehnung, öffentliche Ämter zu bekleiden. Die Anfänge der Böhmischen Brüder gehen auf Petr Chelčický zurück, dessen Anhänger auch Petr Chelčický-Brüder genannt wurden. Obwohl er Laie war, gewann Chelčický als bedeutender Denker auf dem Gebiet der Theologie großen Zuspruch aufgrund seines Plädoyers für freiwillige Armut. König Georg von Podiebrad übergab seiner Anhängerschaft, den Petr Chelčický-Brüdern, 1457 das Gut Kunwald als Wohnsitz. Trotz mancher Verfolgung wuchs die Zahl der Anhänger weiter an, so dass diese 1467 auf einer Versammlung in Lhotka bei Reichenau beschloss, sich eine Ordnung gemäß apostolischem Vorbild zu geben. Durch Los wurden drei Priester aus der Mitte der Versammlung gewählt; einer von diesen, Matthias von Kunwald, wurde Bischof. Ihre Weihe erfolgte durch den Bischof Michael von Žamberk, der vorher seinerseits von einem Waldenserbischof geweiht worden war. Gegen die Vertreter der strengen Grundsätze richtete sich bald eine Gruppe, die mildere Elemente einführen wollte, die so genannte Brüderunität (Unitas fratrum). Auf der Synode zu Reichenau 1494 kam diese Gruppe unter Lukas von Prag an die Macht, der zweiter Begründer der Bruderschaft war. Bis zu seinem Tod am 11. Dezember 1528 übte er großen Einfluss auf die Bruderschaft aus. Statt eines Bischofs bestand die oberste Leitung der Bruderunität aus einem Rat von vier Senioren. Die strengere Gemeinschaft bestand unter dem Namen Amositen (oder auch Kleinere Partei) noch etwa 50 Jahre weiter neben der Bruderunität.Weder die friedlichen Bekehrungsversuche der Dominikaner um 1500 noch die blutigen Verfolgungen durch König Wladislaw II. (1503-1516) führten die Brüder zur Katholischen Kirche zurück. Auch Martin Luther, der mehrfach mit ihnen verhandelte, konnte sie nicht auf seine Seite ziehen, da sie auf dem Zölibat des Klerus, den sieben Sakramenten und der eucharistischen Lehre nach katholischem Glauben und apostolischer Tradition bestanden. Nach dem Tod Lukas' verloren die Brüder jedoch mehr und mehr ihren eigentümlichen Charakter und wandten sich, um weitere Anerkennung zu gewinnen oder wenigstens geduldet zu werden, erst der lutherischen und später der reformierten Lehre zu. 1548 mussten viele Brüder infolge der erneuten Verfolgung durch Böhmen nach Polen und ins Herzogtum Preußen auswandern. Dort schlossen sie 1570 mit den Lutheranern und den Reformierten den Consensus von Sandomir, durch den sie 1573 in den "Dissidentenfrieden" der Konföderation von Warschau einbezogen wurden. Auch in Böhmen erreichte man die Duldung durch die Confessio Bohemica im Jahr 1575, die einen Vergleich der Brüder mit den Lutheranern, den Reformierten und den Calixtinern darstellt. Aufgrund dieser Confessio stellte Kaiser Rudolf II. 1609 den Majestätsbrief aus. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden die Brüder in Böhmen fast vollständig vernichtet, sie konnten sich nur noch heimlich versammeln. Ihr Bischof Johann Amos Comenius musste 1628 seine Heimat verlassen. Als Brüdergemeine erlebten sie später in Herrnhut unter Nikolaus Ludwig von Zinzendorf eine zweite Blüte, einige von ihnen siedelten sich 1737 bei Berlin in Böhmisch Rixdorf an. Vereinzelt kamen die Böhmischen Brüder auch unter Joseph II. wieder zum Vorschein, mussten sich aber zu einer der beiden ausschließlich geduldeten evangelischen Konfessionen bekennen: der Augsburgischen (lutherischen) oder der Helvetischen (reformierten). In der Tradition der Böhmischen Brüder verwurzelt, versteht sich auch die 1918 aus der Union der reformierten und lutherischen Gemeinden in Böhmen und Mähren hervorgegangene Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder.1501 erschien bei den Böhmischen Brüdern eines der ersten Gemeindegesangbücher.