EG - Nummer 5 7 0 - "Du, Herr, gabst uns dein..."

Vorbemerkung

Seid 5 Jahren gibt es nun das "Monatlied" in unserer Gemeinde mit dem jeden Monat ein Lied unseres Gesangbuches in der Gemeinde bekannter gemacht wird. So haben wir in einem Jahr verschiedenen Kanons mit der Gemeinde kennen gelernt, oder wie in 2009 uns mit dem Monatslied an der von der EKD veranstalteten Reihe unter dem Titel "beten09" beteiligt. Für das Jahr 2011 steht das Monatslied unter dem EKD-Jahresthema "Jahr der Taufe". Hier versuche ich jeden Monat ein Lied zum Thema Taufe (sei es ein bekanntes oder unbekanntes) zu wählen.
Das Monatslied für Juni und Juli ist das Lied "Du, Herr, gabst uns dein festes Wort", welches im EG unter der Nummer 570 steht.

Gedanken zu dem Lied "Du Herr gabst uns dein festes Wort"

Manchmal kommen wir in Situationen wo unser Glaube geprüft wird. Vielleicht zweifeln wir etwas an den Worten Jesu: Ich bin bei euch alle Tage". Wenn wir in diesen Situationen versuchen blind zu vertrauen, können wir vielleicht singen: "Du Herr gabst uns dein festes Wort." - Was soll meinem Taufkind dann noch passieren? Gib uns alle deinen Geist.

"Neue Musik" – Kirchliche Reaktionen auf säkulare Entwicklungen

Im 19. Jahrhunderts hatten die Kirchen auf verschiedenen Gebieten ihre Führungsrolle eingebüßt, so auch in der Musikentwicklung des Westens. Daraus ergab sich eine Trennung zwischen liturgiegebundener und geistlicher Musik. Letztere konnte – unabhängig vom Gottesdienst – in den Konzertsälen gedeihen. Bezeichnend für die Trennung zwischen Konzertsaal und Kirche waren völlig verschiedene Musikstile. Während Komponisten säkularer Musik in neue Dimensionen von Rhythmus, Harmonie und Form vorstießen, wandten sich die Kirchen der Musik ihrer Vergangenheit zu. Doch mit einiger Verzögerung beeinflusste die Dynamik künstlerischer Entwicklung auch die Kirchenmusik.
Wiederbelebung alter Musik: Statt für neue Klänge oder Musikformen einzutreten, sprachen sich viele Kirchen für eine Rückkehr zu überkommener Musik aus. Diese musikalische Neubelebung stand in Beziehung zum Wiederaufblühen der verschiedenen Neo-Baustile (Romanik, Gotik). So suchte die römisch-katholische Kirche vor allem den Gregorianischen Choral in ihrem Gottesdienst zu erneuern. Papst Pius X. (1903-14) empfahl für die Gesamtkirche den Vorrang des Chorals, rief die Gemeinde aber auch zur tätigen Teilnahme auf. Die Erneuerung des Gemeindegesangs – bei bleibendem Verbot der Volkssprache – sollte bedeuten, dass die Gemeinde etwas singt, das für Spezialisten gedacht ist. Vielerorts war das nur möglich, wenn die Orgel den Choral begleitete, was die musikalische Qualität nicht unbedingt förderte.
Neue Klänge: Eine Reihe hervorragender westlicher Komponisten (Leos Janácek, Ralph Vaughan Williams, Igor Strawinsky, Zoltán Kodály, Benjamin Britten) widmete sich auch der Vertonung liturgischer Texte, insbesondere des Messordinariums (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Agnus Dei). Im Geist der "Gebrauchsmusik" wurden solche Kompositionen für die liturgische Verwendung innerhalb einer vorgegebenen Tradition geschrieben. Sie dienten auch dazu, gewisse musikalische Fortschritte in die Kirchenmusik einzubringen. Indes boten sie lediglich eine erneuerte künstlerische Perspektive, ohne erneuerte liturgische Sichtweise, welche die Gemeinde ins Zentrum des Betens stellte.
Die gottesdienstliche Musik wurde also weniger von großen Komponisten umgestaltet. Vielmehr war es die Liturgische Bewegung, die dem Volksgesang neue Geltung verschaffte. Das führte jedoch vielfach zum Konflikt zwischen notwendiger Vereinfachung und künstlerischem Anspruch. Während avantgardistische Chor- und Instrumentalmusik weitgehend außerhalb der Liturgie erklang, konnte doch die Orgelmusik – improvisiert oder komponiert – zeitgenössische Klänge in den Gottesdienst einbringen.

Texter: Lutz Hoffmann, Franz Mausberg, Karl Norres, Leo Schuhen

Was später einmal mit dem Sammelbegriff "Neues Geistliches Lied" (NGL) bezeichnet wurde, begann mit Paukenschlägen: 1964/65 wurden unter Leitung von Leo Schuhen die sogenannten "Duisburger Messen" auf Schallplatte eingespielt. Es handelte sich um Negrospirituals mit deutschen Messtexten, arrangiert im Stil des Dixieland-Jazz. Sie wurden "Jazzmessen" oder "Spiritualmessen" genannt. Solche Experimente brachten zwar Schwung in die müde gewordenen Gemeindegottesdienste. Es war aber nur ein Schritt auf dem Weg zu dem, das zum deutschsprachigen Kulturraum passte. Hier spielte der 1934 in Telgte geborene Katholik Peter Janssens von Anfang an eine prägende Rolle. Von der Bühnenmusik herkommend ließ er sich von Textdichtern wie Wilhelm Willms und Alois Albrecht inspirieren, ein zeitgemäßes Gottesbild und eine entsprechende Tonsprache für den christlichen Gottesdienst zu finden. Sein unverwechselbarer Stil – eine Mischung aus Popsong, Chanson und Jazz – bekundete sich in Liedern, Singspielen und Musicals. Vom Vorwurf mangelnder musikalischer Qualität und sprachlicher Dürftigkeit des NGL ist Janssens umfangreiches Schaffen wohl auszunehmen. Wie ernsthaft Musiker und Texter in der Frühphase des NGL um dessen Einordnung in Gemeinde und Liturgie bemüht waren, zeigte beispielhaft ein Projekt der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG). Im Herbst 1971 traf sich eine Gruppe um Peter Janssens, um Texte und Musiken für eine Messe und eine Feier zu finden, die eucharistische Gemeinschaft und weltliches Fest miteinander verbanden. Anlass zu dieser Arbeit war das Delegiertentreffen der KJG in Fulda zu Pfingsten 1972. Aus diesem Teamwork ging die Schallplatte "Wir haben einen Traum" / "Unser Leben sei ein Fest" mit elf Titeln hervor. Einige dieser Lieder haben sich als verschleißfeste "Evergreens" erwiesen. Mehrfach äußerte sich Janssens zu seiner kirchenmusikalischen Arbeit, so in einem Interview zwei Jahre vor seinem Tod 1998: "Es gibt keine Trennung zwischen geistlicher und weltlicher Musik ... Die Trennung, die jahrhundertelang aufgebaut worden war, ist nur aufgezwungen. Sie ist von Päpsten und Cäcilianern aufgezogen. Jeder ernst zu nehmende Musikwissenschaftler wird sagen, dass es solch eine Trennung nicht gibt. Es hat sie auch nie gegeben. Musik wird, sage ich immer etwas konziliant, durch die Verwendung im Gottesdienst geheiligt. Aber von der Sache her ist es überhaupt nicht drin ... Ich will die herkömmliche Kirchenmusik überhaupt nicht abschaffen, aber ich bin dagegen, Güteklassen aufzurichten. Musik wird nicht zum Gottesdienst hinzugefügt, sie ist Teil des Gottesdienstes. Wenn diese Teilnahme nicht möglich ist, ist das nicht Liturgie. Wo das aber andererseits mittels der Musik möglich wird, ist diese Musik liturgietauglich.

Melodie: Gospel ‚It’s me, oh Lord‘