Melodie
Die Melodie wurde von dem
Lied "O Durchbrecher aller Bande", welche im EG unter der Nummer 388 zu finden
ist genommen. Alternativ kann auch die bekannte Melodie des Leides "Herz und
Herz vereint zusammen", welche im EG unter der Nummer
251 zu finden ist, genommen werden. Beide Melodien stammen aus dem 18.
Jahrhundert. Die Melodie des Liedes EG 388 ist wie das beliebte Adventslied
"Macht hoch die Tür" mit der Bezeichnung "Halle 1704" versehen ist. Vermutlich
wird hier das "Geistreiche Gesangbuch" von Johann Anastasius Freylinghausen gemeint
sein. Über Ihn sagt das Kirchenlexikon: Freylinghausen war Kirchenliederdichter
und -sammler, geboren am 2.12. 1670 in Gandersheim (Fürstentum Wolfenbüttel)
als Sohn eines Kaufmanns und Bürgermeisters, gestorben am 12.2. 1739 in Halle
(Saale). - Freylinghausen studierte seit 1689 in Jena. Er wohnte mit dem durch
Joachim Justus Breithaupt in Erfurt erweckten Studenten Homeyer zusammen, der
ihn veranlasste, die Schriften Johann Arndts und Philipp Jakob Speners zu lesen.
Freylinghausen reiste mit Homeyer und einigen anderen Studenten um Ostern 1691
und nach 6 Wochen noch einmal nach Erfurt, um Breithaupt und August Hermann
Francke kennen zu lernen. Er beschloss dann, sein Studium in Erfurt
fortzusetzen, womit aber seine dem Pietismus abgeneigten Eltern nicht
einverstanden waren, erhielt jedoch schließlich durch die Bemühungen
Breithaupts ihre Erlaubnis. Eines Tages sollte Freylinghausen von seinem
älteren Bruder nach Hause geholt werden, weil sein Vater auf einer Reise den
Namen seines Sohnes in dem sogar am Galgen angeschlagenen Verzeichnis der
"Prophetenkinder und Pietistenschüler" gelesen hatte, die man in
Erfurt von allen Kanzeln ausgeschlossen habe. Er durfte aber 1692 in Halle,
wohin Francke und Breithaupt berufen worden waren, sein Studium fortsetzen,
weil sein Bruder, der Franckes Vertreibung aus Erfurt miterlebt hatte und von
dessen Glaubensfreudigkeit stark beeindruckt worden war, die Eltern umgestimmt
hatte, so daß bald das ganze Haus als gläubig und pietistisch verschrien wurde.
Freylinghausen kehrte Ende 1693 nach Gandersheim zurück, hatte aber keine
Aussicht auf eine Anstellung in der Heimat, weil er eine landesherrliche
Verordnung gegen die "pietistische Sektiererei" nicht unterschreiben
wollte. Freylinghausen wurde 1695 Franckes Vikar und Mitarbeiter am Waisenhaus
in Halle und heiratete 1715 als Franckes Adjunkt an St. Ulrich dessen einzige
Tochter Johanna Anastasia, deren Taufzeuge er war. Er wurde 1723 Subrektor des
Pädagogiums und des Waisenhauses und nach Frankkes Tod 1727 sein Nachfolger im
Pfarramt und in der Leitung der Anstalten. - Freylinghausen war eine
bescheidene, selbstlose und demütige Persönlichkeit. Zugunsten des Waisenhauses
hat er 20 Jahre als Franckes Gehilfe gearbeitet, ohne einen Kreuzer Gehalt zu
beziehen. Wegen seiner Predigtgabe wurde er von der Theologischen Fakultät mit
der Leitung homiletischer Übungen betraut. Er verfasste das erste
Religionslehrbuch für Gymnasien: einen Abriss der Glaubenslehre im Geist des
Pietismus. Am bekanntesten ist Freylinghausen durch die Herausgabe seiner
beiden Gesangbücher, die nach seinem Tod Gotthilf August Francke zu einem
verarbeitet und 1741 als das "Vollständige Freylinghausensche
Gesangbuch" mit 1581 Liedern und 609 Melodien herausgegeben hat. Freylinghausen
dichtete 44 Lieder und soll 22 Melodien erfunden und in sein Gesangbuch
aufgenommen haben. Von seinen Liedern sind u. a. bekannt: "Wer ist wohl
wie du, Jesu, süße Ruh?", das Buß- und Beichtlied "Zu dir, Herr Jesu,
komme ich", das Weihnachtslied "Ein Kind ist uns geboren heut",
das Trostlied "Mein Herz, gib dich zufrieden" und die Abendlieder
"Der Tag ist hin" und "Herr und Gott der Tag und Nächte, der du
schläfst noch schlummerst nicht."
Texter:
Heinrich Puchta
Christian Rudolf Heinrich Puchta wurde 1808 in Cadolzburg geboren. Er start 1858 in Augsburg. Puchta war
evangelischer Pfarrer und Liederdichter. Er war der jüngere Bruder des Juristen
Georg Friedrich Puchta (1798 - 1846). Puchta war beteiligt am Entstehen des Gesangbuchs für die
evangelisch - lutherische Kirche in Bayern von 1854. Im Evangelischen
Gesangbuch, dem offiziellen Gesangbuch der Evangelischen Kirche in Deutschland,
ist Puchta mit dem Lied "Herr, die Ernte ist
gesegnet" (Nr. 512) vertreten.
Gedanken
zum Text von Pastor Alfred Sinn, Kirchengemeinde Süderhastedt
"Unser Warten ist gekrönet"
- Gemeint ist das Warten auf die Frucht. Herbstzeit ist Erntezeit. Wochen, bzw.
Monate dauert es, bis die Früchte reif sind. Jegliche Ungeduld bringt nicht
weiter. Pflanzen, Tiere, Menschen brauchen ihre Zeit zur Reife. Eine
Beschleunigung des Wachstums wird keine bessere Reife hervorbringen, sondern im
Gegenteil, die Qualität wird minderwertig sein. Gott räumt seinen Geschöpfen
die Zeit ein, die sie zur Entwicklung und für die Ernte brauchen. Auch in
diesem Jahr konnte und kann geerntet werden. Unser Warten ist gekrönet, doch
Wachstum und Gedeihen standen in des Himmels Hand. Wir können dem Dichter
zustimmen (EG 512): Herr, die Erde ist
gesegnet von dem Wohltun deiner Hand. Güt und Milde hat geregnet, dein Geschenk
bedeckt das Land: auf den Hügeln, in den Gründen ist dein Segen ausgestreut,
unser Warten ist gekrönet, unser Herz hast du erfreut. In der
3.Strophe sieht der Dichter die göttliche Versorgung in einer Kontinuität seit
Noahs Zeit. Nach der Sintflut hat Gott sich selbst verpflichtet: "Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und
Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht." Mit diesem und in diesem
Rhythmus leben wir. Wir verlassen uns Jahr für Jahr darauf, daß auf den
Frühling der Sommer und auf den Sommer der Herbst folgt. Die Arbeit des Bauern
ist den Jahreszeiten angepasst. Ist die 5.Strophe für heutige Zeitgenossen noch
verständlich? Herr, wir haben solche Güte nicht verdient,
die du getan; unser Wissen und Gemüte klagt uns vieler Sünden an. Herr,
verleih, daß deine Gnade jetzt an unsre Seelen rührt, daß der Reichtum deiner
Milde unser Herz zur Buße führt. In einer Zeit und Generation, in
der vieles selbstverständlich geworden ist, wird auch die Güte Gottes als Selbstverständlichkeit
hingenommen. Frühere Jahrhunderte hatten eher noch das Gespür dafür, daß es
Gnade ist, wenn der Mensch das Nötige zum Leben hat. Die Menschen waren sich
stärker des Sünderstandes vor Gott bewusst. Heutzutage werden zig-tausend
Geflügel abgeschlachtet und entsorgt oder Kühe werden auf Scheiterhaufen
verbrannt - und der Mensch ist sich keiner Schuld bewußt. Da paßt die Bezeichnung "Rindviech" eher auf den Menschen.
Gott hat dem Menschen schon bei der Schöpfung die Erde mit ihren Pflanzen und
Tieren anvertraut. Für seine Haushalterschaft wird der Mensch sich verantworten
müssen. Mit der 6.Strophe spricht der Dichter eine Bitte aus: Hilf, daß wir dies Gut der Erden treu verwalten immerfort. Alles soll
geheiligt werden durch Gebet und Gottes Wort. Alles, was wir Gutes wirken, ist
gesät in deinen Schoß, und du wirst die Ernte senden unaussprechlich reich und
groß. Diese Bitte ist zugleich Verpflichtung. Wenn Gott durch den
Naturzyklus dein Leben garantiert, wenn er die Erde gesegnet hat und dir die
Ernte ermöglicht hat, dann ist es nur billig und recht, daß du ihm dafür
dankst. Das tägliche Tischgebet ist schon Ausdruck hierfür. Doch nicht nur das
wird nicht gepflegt, auch der Erntedankgottesdienst hat für viele (leider auch
für manchen Bauern) keinen Stellenwert mehr. Das ist nicht recht, das ist nicht
richtig. Gott steht dennoch zu seiner Selbstverpflichtung. Jesus hat das
bestätigt, wenn er in der Bergpredigt sagt: "Gott läßt seine Sonne aufgehen
über Böse und Gute und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte" (Mt.5,45). Am Ende aber wird es eine letzte Ernte geben. Wie der
Bauer die Früchte in den Scheunen sammelt, wird auch Gott seine gereiften
(Menschen)Früchte sammeln (Mt. 12). Die Spreu und das Unkraut aber wird
weggeworfen werden. Auf diesen Tag warten wir noch. Wohl uns, wenn unser Warten
gekrönt wird.
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