EG – Nummer 6 4 3 - "Ich singe dir mit Herz ..."

 

Herbert Beuerle (kompinierte 1963 den Kanon) geb. 1911 in Düsseldorf, gest. 1994. Studium 1932 bis 1937 an der Berliner Kirchenmusikschule in (Gerhardt, Distler, Pepping). Kirchenmusiker und Privatmusiklehrer am nördl. Stadtrand von Berlin. 1940-1945 Soldat, danach bis 1949 in sowjetischer Gefangenschaft. Kirchenmusiker in Dassel (Südhannover). Seit 1952 Kantor des Burckhardthauses Gelnhausen. Viel Reisedienst (Singwochen, Chorleiterschulung etc.), teilweise auch im Auftrage des Christlichen Sängerbundes. Vokale und instrumentale Gebrauchsmusik, den Erfordernissen der Arbeit entsprechend.

Pierre Davantès (Melodie) auch genannt Maistre Pierre (* um 1525 in Rabastenne (Rabastane), Département Hautes-Pyrénées; † 31. August 1561 in Genf), war Humanist, Altphilologe, Drucker und Komponist von Melodien des Genfer Psalters.

Paul Gerhardt (1607 - 1676) (Text)

Gerhardt wurde am 30. November 1651 in sein Amt in Mittenwalde eingeführt. Von nun an gehörte es zu seinen Aufgaben, der Gemeinde beim Gottesdienst die Predigt zu halten und das Abendmahl zu reichen. Auch führte er die Amtshandlungen zu Taufen, Trauungen, Beichten und Begräbnissen durch. Mit der Übernahme des Propst-Amtes war er auch Inspektor der umliegenden Pfarreien geworden. Ihm unterstanden elf Pfarrstellen in Königs Wusterhausen, Gräbendorf, Teupitz und Gussow, die er theologisch und verwaltungsmäßig kontrollieren, beraten und unterstützen musste. Seine vier erhaltenen Leichenpredigten aus dieser Zeit zeigen eine volkstümliche und anschauliche Art zu predigen. Wie in seinen Liedern verdeutlichte Gerhardt die theologischen Inhalte und Einzelheiten durch greifbare und eingängige Beispiele. Neben seiner pfarramtlichen Tätigkeit pflegte er auch in Mittenwalde die Liedkunst. 1653 erschien die fünfte Auflage von Crügers Gesangbuch, in dem sich 64 neue Lieder von Gerhardt befanden. Während dieser Zeit verfasste er unter anderem das Passionslied "O Haupt voll Blut und Wunden", das heute zum Weltkulturerbe gerechnet wird und in der 6. Auflage von Crügers Gesangbuch 1656 erschien. Es ist die Übersetzung des lateinischen "Salve caput cruentatum" von Arnulf von Löwen, das lange Zeit Bernhard von Clairvaux zugeschrieben wurde und durch Johann Sebastian Bach in die Matthäus-Passion Eingang fand. Auch unser Monatslied entstand in dieser Zeit. Die Lieder von Paul Gerhardt sind für viele Menschen heute noch Inspiration, Trost und Zeugnis für eine besondere, von Gott getragene Zuversicht.

Mit der Website www.paulgerhardtjahr.de bietet die evangelische Kirche im Paul-Gerhardt-Jahr 2007 Informatives und Unterhaltsames über den bekanntesten evangelischen Liederdichter.

Bedeutung: Obwohl Paul Gerhardt einer geistigen und dichterischen Zeit angehört, die uns fern zu liegen scheint, lebt er heute noch unmittelbar im Bewusstsein seiner Werke fort. Seine Lieder sind tief religiösen Charakters und entsprechen damit ganz der Eigenart seiner religiös orientierten Zeit. Sie sind insofern der typische Ausdruck jener Periode. Sie zielen jedoch zugleich weit darüber hinaus. In Gerhardt zeigt sich die Verkörperung eines selbstständigen natürlichen Denkens und Empfindens, wenngleich er in den Überlieferungen der lutherischen Orthodoxie verwurzelt ist und an ihnen festhält. Dabei steht ihm das Verdienst zu, die Entwicklung vom Bekenntnislied zum Andachtslied und das zuversichtliche Preis- und Gedankgebet gefördert zu haben. Seine Gedichte haben sich zu Volks- und Familienliedern christlichen Glaubens entwickelt. Sie geben Worte zu Lob und Dank und spenden Trost im Leid.

Nachwirkung: Paul Gerhardts Lieder wurden schon bald nach ihrem Erscheinen auch in andere Gesangbücher übernommen. In der Zeit der Aufklärung schätzte man ihn hingegen wenig, seine Lieder wurden stattdessen wie auch andere seiner Zeit, häufig umgedichtet. Erst nach den Befreiungskriegen, zur Zeit von Romantik, Erweckung und Vormärz, hat das Schaffen Gerhardts neue Anerkennung gefunden, so etwa durch Ernst Moritz Arndts Schrift Vom Wort und von dem Kirchenliede. Die Wiederentdeckung der Oratorien Bachs durch Felix Mendelssohn Bartholdy ließen die Choräle Gerhardts darin neu präsent werden. Viele seiner Choralstrophen (vor allem Befiehl du deine Wege) gehörten für Generationen zum Lernpensum des Konfirmandenunterrichts. Gerhardts Dichtungen haben nicht nur die Zeiten überdauert, sondern sind grenzübergreifend zwischen konfessionellen und sprachlichen Schranken geworden. So wurden sie in die holländische, französische, englische, spanische, aber auch in afrikanische, asiatische und in andere Sprachen übersetzt. Sie fanden Eingang in katholische Gesangbücher, und auch in der reformierten Kirche werden sie gesungen. Damit ist Gerhardt zum ökumenischen Dichter geworden. Gerhardt hat für fast jede Festgelegenheit gedichtet. Die ständige Auseinandersetzung mit seinen Texten macht ihn daher gegenwärtig. Im derzeitigen Evangelischen Gesangbuch (1993) sind 26 Lieder Gerhardts enthalten, in Regionalteilen weitere vier.

Der Kanon

Unter Kanon versteht man in der Musik in erster Linie die Form des sog. strengen Kanons, bei dem die Stimmen einander zeitversetzt imitieren. Allgemeiner betrachtet leiten sich in einem Kanon aus einer notierten Stimme eine oder mehrere weitere simultan erklingende Stimmen ab.

Geschichte: Ursprünglich bedeutete der lateinische Terminus Canon in der mittelalterlichen Musiktheorie keine musikalische Gattung, sondern - ganz dem Wortsinn entsprechend - eine Anweisung. Solche Anweisungen dienten entweder dazu, Einzelstimmen von Kompositionen - eventuell transformiert - zu wiederholen oder auch weitere Stimmen aus ihnen abzuleiten. Der Kanon als Gattungsbegriff entwickelt sich erst im Laufe des 16. Jahrhunderts. Vorher existiert zumindest für den strengen Kanon der Terminus Fuga. Der erste überlieferte Kanon "Sumer is icumen in" stammt aus dem England des 13. Jahrhunderts. Höhepunkte der Kunstfertigkeit erreichte der Kanon in der Vokalpolyphonie der Niederländer im 15. und 16. Jahrhundert sowie in der Barockmusik, insbesondere bei Johann Sebastian Bach (z. B. Das Musikalische Opfer). Dabei wurde der Kanon zu dieser Zeit als Sonderfall (gebundene Fuge bzw. fuga ligata im Gegensatz zur freien Fuge bzw. fuga libera) der Fuge angesehen. Wolfgang Amadeus Mozart schrieb sehr kunstvolle Kanons. Großer Beliebtheit erfreuen sich Kanons aller Arten heute in den Gesängen von Taizé.

Notation: Der allgemein bekannte strenge Kanon wird üblicherweise als einzelne Melodiezeile notiert; die Einsätze der nachfolgenden Stimmen werden an den betreffenden Stellen mit "1.", "2.", "3." usw. gekennzeichnet. In früheren Jahrhunderten (z. B. bei Palestrina) wurde hierfür ein spezielles Kanonzeichen, das signum congruentiae, verwendet.

Arten: Die bekannteste und häufigste Form ist der strenge Kanon, bei dem eine oder mehrere abgeleitete Stimmen zeitlich versetzt und eventuell auf anderen Tonstufen einsetzen. Neben dem endlichen Kanon gibt es auch Sätze, welche quasi unendlich wiederholt werden könnten. Man spricht hier von einem Ringkanon. Moduliert die Melodie mit jedem weiteren Durchlauf in eine andere Tonart handelt es sich um einen Spiralkanon. &xnbsp;Ein Zirkelkanon wird in einem kreis- bzw. ringförmigen Notensystem notiert, um den endlosen Ablauf zu verdeutlichen. Dabei ist es möglich, dass die zweite Stimme in Gegenbewegung, also mit entgegengesetzter Leserichtung einzusetzen hat und/oder einen anderen Notenschlüssel vorgezeichnet bekommt. &xnbsp;Erscheinen die Notenwerte einer abgeleitete Stimme vergrößert bzw. verkleinert, so spricht man von einem Augmentations- bzw. Diminutionskanon. Diese Technik entwickelte sich aus den Möglichkeiten der Mensuralnotation, in welcher sich durch die Kombination verschiedener Mensurzeichen verschiedene Verhältnisse zwischen den Stimmen herstellen lassen. Hier nennt sich das Phänomen Mensur- oder Proportionskanon, wobei es sich nicht immer um eine rein proportionale Ableitung handeln muss, sondern bisweilen auch ausgenützt wird, dass Noten unter bestimmten Mensuren zwei- oder dreizeitig sein können. In der Regel enden die am langsamsten fortschreitenden Stimmen, sobald das gesamte musikalische Material der schnelleren Stimmen erklungen ist. Besonders bekannte Beispiele sind in der Renaissance das Agnus II aus der Missa L'homme armé super voces musicales von Josquin Desprez sowie die Missa Prolationum von Johannes Ockeghem. Aber auch spätere Komponisten - so etwa J.S. Bach im "Musikalischen Opfer" - schrieben Proportionskanons. Ein modernes Beispiel ist Arvo Pärts Cantus in memory of Benjamin Britten (1977). &xnbsp;Ein Krebskanon (oder Kreuzkanon) liegt vor, wenn eine Stimme die Melodie vorwärts, die andere Stimme sie rückwärts vorträgt. In einem Spiegelkanon (auch Inversions- oder Intervallumkehrungskanon genannt) erscheinen die Intervalle der notierten Stimme in der Ableitung gespiegelt. Das bedeutet z.B. wenn die notierte Stimme einen Terzschritt nach oben macht, muss die abgeleitete Stimme einen solchen nach unten ausführen. Kombiniert man die beiden zuletzt genannten Techniken, so erhält man einen Spiegelkrebskanon. Bei der Notation ist es möglich, dass die Sänger oder Spieler einander gegenübersitzen und in den entgegengesetzten Ecken des selben Notenblattes zu beginnen haben. Laufen mehrere Kanons gleichzeitig ab, so entsteht ein Mehrfachkanon. Je nach der Anzahl der übereinander gelagerten Kanons spricht man von Doppelkanon, Tripelkanon, Quadrupelkanon etc. Extrembeispiele für diese Technik sind zwei Quadrupelkanons: das 24-stimmige Qui habitat in adjutorio von Josquin (je 6 aus 4 notierten Stimmen) und das 36-stimmige Deo Gratias von Ockeghem (je 9 aus 4 notierten Stimmen). Auch von Mozart ist mindestens ein Mehrfachkanon überliefert, in dem drei vierstimmige Chöre hintereinander einsetzen. Gibt es verschiedene Möglichkeiten, einen Kanon aufzuführen, handelt es sich um einen polymorphen Kanon. Bei einem Rätselkanon wird nur das musikalische Material in einer Zeile notiert, aber Kanonart und Einsätze müssen von den Ausführenden selbst herausgefunden werden. Dabei ist es üblich, dass dem Rätselkanon ein ebenfalls rätselhafter textlicher Hinweis beigegeben ist.