Die Textdichterin
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Julie Katharina von Hausmann (* 7. März 1826 in Mitau; † 15. August 1901 in Vösu, Estland) war eine deutsch-baltische Dichterin, die vor allem durch ihr später von Friedrich Silcher vertontes Gedicht So nimm denn meine Hände Weltberühmtheit erlangte.
Julie von HausmannJulie verlebte ihre Kindheit in Mitau. Als die fünfte in der Reihe von sechs Schwestern, von denen die vierte sechs Jahre älter und die sechste sechs Jahre jünger als sie war, stand sie ziemlich allein im Elternhaus, liebte aber die Stille und Einsamkeit, die für ihre innere Entwicklung und ihr Gebetsleben so wertvoll waren. Julie von Hausmann war nach ihrer Konfirmation als Lehrerin und Erzieherin in verschiedenen Häusern ihrer baltischen Heimat tätig, musste aber wegen ihrer schwächlichen Natur und fortwährenden Kränklichkeit oft ihre Stellungen wechseln. In stillen Stunden schrieb sie nieder, was sie innerlich erlebte oder in schlafloser, schmerzensreicher Nachtstunde zum Lied geworden war. In ihrer Scheu, anderen einen Blick in ihr Innenleben zu gewähren, hielt sie ihren Schatz ängstlich geheim und teilte ihre
Gedichte nur wenigen mit, unter denen auch eine Freundin war, durch die dann Pfarrer Gustav Knak in Berlin mit den Gedichten bekannt wurde. Er bat Julie brieflich, ihm ihren ganzen Vorrat an Liedern zu übersenden, da er sie zum Besten des Findelhauses in Hongkong herausgeben wolle. Sie ging auf die Bitte Knaks ein und setzte ihre dichterischen Arbeiten fort. Von Hausmann suchte Heilung von ihrem Kopfleiden in verschiedenen Kurorten Deutschlands und im Süden. Sie lernte die Sächsische Schweiz kennen, den Rhein, die Tiroler und Schweizer Alpen und die Pyrenäen. Vier Jahre brachte sie in Biarritz (Südfrankreich) zu, wo ihre jüngste Schwester Organistin an der englischen Kirche war. 1870 fand sie eine Heimat in St. Petersburg bei ihrer ältesten Schwester, die dort Vorsteherin der St. Annenschule war. Sie führte den Haushalt und gab einige Musikstunden in und außer dem Hause. Ihre Gedichte erschienen anonym als Lieder einer Stillen im Lande. Ganz gegen ihren Wunsch wurde ihr Name doch bekannt. Durch die Melodie von Friedrich Silcher fand So nimm denn meine Hände rasche Verbreitung. Genannt sei auch ihr Passionslied Wenn ich die Dornenkrone auf deinem Haupte seh, so zieht durch meine Seele ein tiefes, tiefes Weh. 1901 siedelte sie in den estnischen Kurort Wösso (Deutsch)/Vösu (Estnisch) um, wo sie am 15. August 1901 verstarb.
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Der Komponist
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Philipp Friedrich Silcher (auch: Friederich, * 27. Juni 1789 in Schnait im Remstal, heute zu Weinstadt; † 26. August 1860 in Wildbad) war ein deutscher Liedkomponist. Silcher war zum Schullehrer bestimmt, widmete sich auf dem Seminar in Ludwigsburg nach einer Begegnung mit Carl Maria von Weber ganz der Musik, erhielt Unterricht in Klavier und Komposition von C. Kreutzer und J. N. Hummel. Silcher wirkte von 1817 an als Musikdirektor an der Universität zu Tübingen, wo er am 26. August 1860 starb. Er gilt als einer der wichtigsten Protagonisten des Chorgesangs (vgl. Gesangverein) und arrangierte zahlreiche Chorsätze von deutschen und internationalen Volksliedern, die heute noch zum Grundrepertoire vieler Gesangvereine gehören und in den folgenden Generationen Allgemeingut geworden sind. Silcher selbst begründete 1829 die "Akademische Liedertafel" in Tübingen und leitete sie bis zu seinem Tod. Er war verheiratet mit Luise Rosine Enßlin (* 6. September 1804 in Tübingen, † 17. Juni 1871 in Tübingen), aus der Ehe gingen zwei Töchter und ein Sohn hervor. Ihm wurde die Rebsorte Silcher gewidmet.
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Die Entstehung des Liedes
Julie Katharina von Hausmann hat den Liedtext 1862 im Alter von 36 Jahren veröffentlicht und versucht, einen harten Schicksalsschlag zu verarbeiten. Nun weiss man nicht viel über diesen Verlust, keine Jahreszahl und keinen Namen. Was man jedoch weiss, ist dies, dass Julie von Hausmann, dieses junge, wohlbehütete und religiöse Mädchen aus dem baltischen Grossbürgertum, mit einem Pfarrer verlobt war. Nun hatte sich - auch das ist bekannt - die Zeit der Verlobung schon länger hingezogen, und das Paar trug sich mit dem Gedanken zu heiraten. Doch erst wollte der junge Geistliche unbedingt als Missionar nach Afrika, und so galt es erst einmal abzuklären, unter welchen Voraussetzungen Julie ihn begleiten konnte. Nicht gerade wenige Schwierigkeiten standen da den beiden nämlich im Weg: Die Aufenthaltsgenehmigung für beide, das Visum für die Länder Afrikas, die durchreist werden mussten bis zur Missionsstation, das ungewisse Leben in diesem fremden Land. Nach einiger Zeit beschlossen die beiden, dass der Verlobte erst einmal vorausfahren sollte, um alles weitere zu klären und das Heim für sich und Julie vorzubereiten. Gesagt, getan: Und so gingen mehrere Monate ins Land, bis schliesslich auch Julie endlich die Koffer packen und sich mit Sack und Pack gen Afrika aufmachen konnte. Das Abenteuer konnte beginnen. Sie wusste wohl, dass es ein Abenteuer war und trotzdem - sie ahnen es - war sie nicht gefasst auf das, was sie erlebte, als sie die Missionsstation nach langer und strapaziöser Reise endlich erreichte: Statt ihres Verlobten erwartete sie da nämlich der Leiter der Missionsstation und musste ihr die traurige Nachricht überbringen, dass ihr Bräutigam wenige Tage zuvor an einer gefährlichen Infektion gestorben war. Vom Lebenstraum zu zweit in Afrika, von gemeinsamer Arbeit und gemeinsamem Glauben war nur ein schlichtes Grab geblieben. So kehrte Julie schliesslich nach Europa zurück, wo sie ihr Leben völlig neu ordnen musste.
Hinweis
Eine Liedpredigt zu diesem Lied könne Sie hier im Internet ansehen.
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