EG – Nummer 6 5 6 - "Fürchte dich nicht"

 

Zur Person

Fritz Baltruweit

Kompositionen

  • EG 432, "Gott gab uns Atem, damit wir leben" (1982; Text: Eckart Bücken)
  • EG 656, "Fürchte dich nicht" (Kirchentag Hamburg 1981)
  • EG 651, "Freunde, dass der Mandelzweig" (Text: Schalom Ben-Chorin)
  • "In der Mitte der Nacht" (Text: Sybille Fritsch)
  • "Wo ein Mensch Vertrauen gibt" (1975; Text: Hans-Jürgen Netz)

Linkliste zur Person:

www.kirchliche-dienste.de www.gewalt-ueberwinden.net www.michaeliskloster.de www.gtvh.de www.lvh.de www.kirchliche-dienste.de/materialien

Geborgen 1955 in Gifhorn, aufgewachsen in Hannover, hat bereits als Kind die wesentliche musikalische Ausbildung im Knabenchor Hannover erhalten, Studium der Evangelischen Theologie und Musikwissenschaft in Göttingen, 1980-1981 Vikar und Abteilungsleiter beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg, seitdem Mitarbeit beim Kirchentag im Musikbereich und in der Entwicklung und Durchführung von liturgischen Großveranstaltungen, u.a. beim Forum Ökumene und bei den Schlussveranstaltungen 1987, 1991 und 2003, Mitarbeit beim Ökumenischen Rat der Kirchen im Rahmen von Musik und Liturgie, u.a. bei den Vollversammlungen in Vancouver 1983 und Canberra 1991, Mitglied der "International Worship Planning Group" für die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Winniepeg/Kanada 2003. Neun Jahre Gemeindepastor in Garbsen, dort u.a. Initiierung des Ökumenisch-Liturgischen Arbeitskreises, der seit 1987 bis 2001 bei den Kirchentagen mitgewirkt hat; Mitglied im ständigen Ausschuss für Abendmahl, Gottesdienst, Fest und Feier des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Leiter der Hannoverschen Musikgruppe "Zündhölzer" von 1973 bis 1978, dann Studiogruppe Baltruweit; 1992 - 1998 Studienleiter am Predigerseminar im Kloster Loccum. 1998 - 2001 Referent für Liturgie und Musik im Evangelischen EXPO-Büro Hannover und Programmverantwortlicher im Christus-Pavillon auf der Weltausstellung EXPO 2000. Seit 2001 Referat für Projekte und Öffentlichkeitsarbeit im Haus kirchlicher Dienste Hannover und Referent im Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik der Ev.luth. Landeskirche Hannovers im Michaeliskloster Hildesheim (u.a. verantwortlich für verschiedene Veröffentlichungen im Rahmen der Ökumenischen Dekade Gewalt überwinden - für das Michaeliskloster.

Veröffentlichungen: Ca. 1000 Lieder im in- und Ausland als Komponist, Texter und Bearbeiter; verschiedene Musiktheater (z.B. Clever Foxy - Reineke Fuchs, u.a. Weihnachtsspiele (u.ä.) mit Kindern und Jugendlichen (Musiktheater "Verkehrte Welt"), Schallplattenaufnahmen (darunter über 15 CDs), Rundfunk- und Fernsehsendungen. Ein Querschnitt durch das Liedschaffen erschien im Herbst 1996 mit dem Titel "Fritz Baltruweit, Meine Lieder" im tvd-Verlag (250 Lieder). Aufsätze und Modelle zu Lebendiger Liturgie, u.a. eine Liturgie-Didaktik mit dem Titel "Gemeinde gestaltet Gottesdienst" zusammen mit Günter Ruddat (Gütersloh 1994, inzwischen vergriffen - überarbeitete Neuauflage 2002 als Band 3 unter Berücksichtigung des Evangelischen Gottesdienstbuches), ein zweiter Band folgte im Frühjahr 1999: Taufe, Konfirmation, Trauung, Beerdigung Gemeinde gestaltet Gottesdienst 2". Zusammen mit Mechthild Werner: "Begleitet durch Jahr und Tag - Gemeinde gestaltet GottesZeiten", Gütersloh 2005 - neben zahlreichen Liturgien (auch zu "Du bist ein Engel" und "Leben aus erster Hand"): konkrete Anregungen zur "Inszenierung des Gottesdienstes". Im Herbst 1998 erschien unter dem Titel Sinfonia Oecomenica - Feiern mit den Kirchen der Welt eine Sammlung von 100 Liturgien aus der ganzen Ökumene (= aus aller Welt viersprachig auf knapp 1000 Seiten). Bei der neuen Buchreihe des Michaelisklosters im Lutherischen Verlagshaus Mitherausgeber/Autor von "Hinführungen zu den biblischen Lesungen im Gottesdienst" (das auch eine Einführung in die Thematik eines jeden Sonntags enthält) und "Lesungen und Psalmem lebendig gestalten - Dialogische Inszenierungen der biblischen Lesungen und Psalmgebete im Gottesdienst". Ein Andachtsheft für Einzelne und in der Gruppe mit vielen Fotos erschien im Haus kirchlicher Dienste.

 

 

Zum Text

Machen wir einen Zeitsprung. Springen wir zum Kirchentag in Hamburg. Aber nicht in das Jahr 1995, sondern in das Jahr 1981. Damals stand der Hamburger Kirchentag unter der Losung "Fürchte dich nicht". Damals wie heute wurden Lieder zur Losung geschrieben. So z.B. das Lied "Fürchte Dich nicht" von Fritz Baltruweit.

Dieser Text fällt natürlich auf durch seine Schlichtheit, um nicht zu sagen, Einfallslosigkeit. Ein Text, der über drei Strophen geht und insgesamt aus 25 verschiedenen Worten besteht, ist in der vorliegenden Form einfach flach. Doch wenden wir die Kriterien einmal an auf das Lied.

"Der Text muss 'dicht' sein". Sicher. Noch knapper kann ein Lied nicht sein, das noch halbwegs etwas aussagen will. Es "muss das wichtigste zusammengefasst werden". Schon hier stellt sich die Frage, was eigentlich wichtig ist in diesem Liedtext, wo die Aussage steckt.

"Fürchte dich nicht" soll Mut machen, Mut in der Angst, in der wir alle leben. Mut wozu? "Mit ihr (der Angst) lebst Du". Also Annahme der Angst. Ist in der ersten Strophe noch eine, wenn auch fragwürdige, "Lebenshilfe" enthalten, so fallen die 2. und die 3. Strophe völlig ab. Platte Aussagen werden durch Wiederholungen auch nicht Inhaltsreicher. Die Wortverdrehung, die in der ersten Strophe die Lösung gebracht hat, führt hier nicht weiter, sondern wiederholt nur die erste Zeile. Die Aussage der zweiten Strophe ist einfach, daß wir von Gottes (?) Wort leben und uns (wiederum) nicht fürchten sollen. In der dritten Strophe werden wir in den neuen Tag gesandt, für den wir leben und darum sollen wir uns nicht fürchten (das wissen wir ja schon).

"Es muss jedes Wort genau sein (...), Überflüssiges ist zuviel". Platz für Überflüssiges ist hier wahrlich nicht mehr. Es sei den, man kommt zu dem Schluss, das alles überflüssig ist.

"Der Text muss sprachlich richtig sein". Das ist hier, zumindest auf der grammatikalischen Ebene, gegeben. Aber: "Ein sprachlich richtiger Text verlangt auch, daß der Text beim Namen nennt, was er meint". Wenn in der zweiten Strophe von "seinem Wort" gesprochen wird, so kann das das Wort von Gott, Buddha, Mohammed oder des Lebenspartners sein. Konkret wird Baltruweit hier nicht. Von einer klar Gott-bezogenen Aussage kann man hier nicht sprechen. Der peinliche "theologische Schlenker" findet hier überhaupt nicht statt. Ich muss für mich sagen, daß ich ein Lied peinlich finde, indem Gott nur schüchtern angedeutet wird.

"Der Text muss theologisch wahr sein". Das Lied "Fürchte dich nicht, gefangen in deiner Angst" ist sicher ein Lied, auf das die Aussage paßt: "Ein Christ muss sich mit dem Text identifizieren können". Auf den ersten Blick, auf das erste Lesen, auf das erste Singen kann man sich damit identifizieren, aber meiner Meinung nach nur deshalb, weil dem Lied die Aussage fehlt. Es hat keine Kanten, es ist stromlinienförmig, es rutscht so durch. Die gute Nachricht soll, so steht es in den Kriterien, "nüchtern und einprägsam" sein. Die Aussage "Fürchte dich nicht" ist sicher einprägsam. Sie ist auch eine Aussage, die wir öfter hören sollten. Aber warum macht Baltruweit dann nicht einen guten Kanon daraus, sondern versucht, entweder den Text zu strecken oder platte Inhalte noch zu verarbeiten?

Ich habe unter den Kriterien selbst formuliert, daß ich gern vorkommen möchte mit meinen Problemen und Wünschen. Diesen Punkt möchte ich hier noch erweitern: Ich möchte nicht, daß meine Probleme und Wünsche nur angesprochen werden und dann liegengelassen werden, sondern ich möchte auch etwas mitnehmen aus diesem Text. Aus dem vorliegenden Text kann ich nichts mitnehmen.

Der Text sollte kurz und knapp sein. Trotz seiner schon beschriebenen Knappheit eignet sich "Fürchte dich nicht, gefangen in deiner Angst" nicht für die Kirchentagsstrassenbahn, da der Text nicht im Ganzen einprägsam ist. Die Wortverdrehungen, ein sicher sehr interessantes Stilmittel, machen es schwer, diesen Text auswendig zu singen.