EG – Nummer 7 6 - "O Mensch bewein dein Sünde groß"
EG – Nummer 2 8 1 - "Erhebet er sich, unser Gott"

 

Vorbemerkung: Da wir im Monat April zwei geprägte Zeiten haben (Passionszeit und Osterzeit) habe ich für April zwei Monatlieder mit der gleichen Melodie ausgewählt, eines für die Passionszeit (EG 76) und eines für die Osterzeit (EG 281).

Melodie

Matthäus Greiter, Komponist und Kantor, * um 1495 in Aichach an der Paar (Oberbayern), + (an der Pest) 20.12. 1550 in Straßburg.

Greiter war als Mönch Vorsänger (Cantor praebendarius) am Münster und Seelmesser an der Stephanskirche in Straßburg. Mit seinem Freund Wolfgang Dachstein verließ er um des Evangeliums willen 1524 das Kloster, heiratete und erwarb das Straßburger Bürgerrecht. Er wurde 1528 Diakonus an der St. Martinskirche und kam etwa ein Jahr später als Diakonus an die St. Stephanskirche, behielt aber sein Kantoramt am Münster bei. 1538 übertrug man ihm den Musikunterricht an dem von Johannes Sturm gegründeten »Gymnasium Argentinense«. Für seine Schüler schrieb Greiter ein kurzes, übersichtliches Lehrbuch der Musik. Während die anderen evangelischen Prediger Straßburgs die Anerkennung des »Interims« entschieden verweigerten, fügte sich Greiter und wirkte 1549/1550 mit bei der Einführung des »Interims«. - Dachstein und Greiter lieferten die Tonstücke zu der 1524 und 1525 geschaffenen evangelischen Gottesdienstordnung in Straßburg. Von Greiter stammen das deutsche Kyrie, Gloria, Halleluja und Credo im »Teutsch Kirchenampt« von 1524. Er schrieb Texte und Melodien zu Ps 13, 51, 114, 115, 119 und 125. Greiters Weisen zum 119. und 51. Psalm wurden von Johannes Calvin als Melodie zum 36. und 91. Psalm in den Genfer Psalter aufgenommen. Wir verdanken Greiter die Melodie zu dem Lied Martin Luthers »Aus tiefer Not schrei ich zu dir«, die in den lutherischen Kirchen Norddeutschlands später angewandt wurde auf das Lied von Kaspar Bienemann »Herr, wie du willst, so schicks mit mir«. Verbreitung fand auch seine Melodie zu Ps 51 »0 Herre Gott, begnade mich«, die Luther 1545 in das Babstsche Gesangbuch auf nahm. Die dem französischen Volksgesang entstammende Melodie Greiters zu Ps 119, 1-16 »Es sind doch selig alle, die im rechten Glauben wandeln hie« wurde mit dem Lied von Sebald Heyden »0 Mensch, bewein dein Sünde groß« (EKG 54) verbunden und durch Johann Sebastian Bach in seiner »Matthäuspassion« verewigt. Die Straßburger Melodie zu Luthers Bearbeitung des 67. Psalms »Es wolle Gott uns gnädig sein« (EKG 182) stammt auch von Greiter. Er ist »als Komponist einer der besten seiner Zeit: Wohlklang, Innigkeit und kontrapunktische Kunst vereinigen sich bei ihm in meisterhafter Weise« (Robert Eitner). Greiter. schuf nicht nur einige der schönsten Weisen der Reformationszeit, sondern auch kunstvolle weltliche Lieder, u. a.: »Ich stund am Morgen«, »Es wollt ein Jäger jagen.«

Der 68. Psalm - Textgrundlage für EG 281 / Erhebet er sich unser Gott

  1. Der 68.Psalm heißt in seiner Überschrift: Ein Psalmlied Davids, vorzusingen. Es enthält der Psalm eine der wichtigsten Weissagungen Alten Testaments, von dem Reich Christi mitten unter seinen Feinden bis zu ihrer gänzlichen Niederlage. Die Vorstellung davon ist so gemacht, daß zur gewurzelten Erkenntnis Gottes seine vormaligen Offenbarungen unter dem Volk Israel dazu genommen werden, dabei aber dem Neuen im Reich Christi ein großer Vorzug gegeben wird. Wenn man sich durch einige Einteilung des Psalmen die Einsicht darein erleichtern will, so mag man ihn in Eingang, Abhandlung und Beschluß einteilen.
  2. Der Eingang stellt überhaupt vor, was es zu allen Seiten und auf allen Seiten für herrliche Wirkungen tue, wenn Gott sich aufmache, und zum Schrecken seiner Feinde und Trost seiner lieben Getreuen sein Dasein vermerken lasse; und wie man da diesem Gott, der nahe ist, würdiglich begegnen solle, V.2-7. Nicht nur der Bundeslade und der Offenbarung Gottes bei derselben wird so eine Nähe und eine Aufnahme zugeschrieben, sondern auch von Gott selbst in seiner heiligen Wohnung heißt es: daß Er sich das einemal mehr zurück ziehe, und auch Alles im Himmel sich vor Erwartung seiner Gerichte ehrerbietig zurückziehen, und stille halten müsse; das anderemal aber, daß Er sich aufmache und seine Gerichte nun offenbar werden. Man sehe Hab. 2:20, Sach. 2:13, Offenb. 8:1. Auch der Herr Jesus, der sonst zur Rechten Gottes sitzt präsentiert sich bei besonderen Umständen stehend, nach Apg. 7:55, da zieht dann freilich das eine oder andere seine besonderen Wirkungen auf Erden nach sich, in die sich die Geduld und der Glaube, so den Heiligen aufgegeben ist, schicken muß. Das Reich Gottes und der Glaube daran, setzt freilich von aller eigenen Weisheit, Gerechtigkeit, Macht und Vermögen sich selbst zu helfen, herunter; hebt aber auch aus dem Staub der Sorgen und Verdrossenheit auf, und faßt Gott beim Wohnen in seiner heiligen Höhe und beim Sehen aufs Niedrige, wie Er die Seinigen in verlassenen Witwen- und Waisenstand, in Einsamkeit und Gefängnisse dahin geben kann, aber sich schon die rechte seit zur Hilfe ausersehen.
  3. In der Abhandlung des Psalmen kommt vor, wie Gott schon in vorigen und bisherigen Zeiten sich herrlich erwiesen habe, und was man nun von Ihm zu gnädiger Offenbarung und Mitteilung seiner Selbst zu gewarten habe, welches dann von Stück zu Stück namhaft gemacht wird, V.8-11. Diese Güter werden nun nach den Stücken angeführt, als z. E. die reiche Predigt des Evangeliums, V.12. die schnelle Ausbreitung desselben in die Ferne, V.15., besonderer Segen, der auf Kreuz und Verfolgung liegen werde, auch ungehinderter Fortgang der Wahrheit und ihres Zeugnisses, unter welchem Allem sich Gottes freies Wohlgefallen und die Kraft der Himmelfahrt Christi herrlich offenbaren werde, V.16-19. Hierüber wird der Mann Gottes in eine tiefe Anbetung vor Gott gezogen, V.20-21. Bei diesen gnädigen Heimsuchungen Gottes aus dem Reich des Lichts wird das Reich der Finsternis nicht feiern mit allerlei Kräften, diesem Guten Einhalt zu tun. Aber Gott wird sich auch daran durch Gerichte nur desto mehr verherrlichen, V.22. Hierüber schüttet David sein Herz mit Weissagen und Beten vor Gott aus, und bezeugt damit teils seine feste Überzeugung davon, teils sein aufrichtiges Verlangen darnach, V.29-32.
  4. Der Beschluß geschieht mit einer Ermahnung an die Königreiche der Erden, daß sie Gott mit Danken die Ehre geben sollen, welches der Psalm selbst in seinen nachdrücklichen Schlußworten tut: Gelobt sei Gott zc., V.33-36.

An den Ausdrücken eines solchen Psalmen, an der Art, wie eines mit dem andern verbunden wird, bleibt uns Manches schwer, allermeist, weil wir so gar nicht gewöhnt sind, Sichtbares und Unsichtbares, wie eines aus dem andern entspringt, und wieder ins andere zurückfließt, so in einen nahen Blick zusammenzufassen, wie das Wort Gottes immer tut; auch weil wir das köstliche Einerlei in allen Wegen und Werken Gottes aus der Verschiedenheit noch nicht so heraussuchen können, und uns also schwer darein finden, warum das Neue, so Gott in seinem Reich tut, mit seinen vorigen Taten so nahe zusammen genommen wird. Inzwischen gibt es doch für Glauben und Hoffnung eine kräftige Erweckung und Stärkung, wenn man sieht, wie der Geist Christi schon durch all das Hinderliche, was sich dem Reiche Gottes zu allen Zeiten in den Weg gelegt, hindurch gesehen hat, und auch unsern Glauben und Hoffnungsblick hindurch führt. Besonders ist es sehr lieblich, wenn man es auch in seinem Teil so trifft, wie der Psalm dazu anleitet, daß man nämlich mit den größten Werken, die Gott zu seiner Selbstverherrlichung auf dem Erdboden tut, immer auf das tägliche freundliche Bezeugen desselben gegen alle Hilfsbedürftige, das gemeinere Retten seiner Auserwählten aus allerlei Not verbindet, daß einem also das täglich Vorkommende ein Beweis von dem unermüdlichen Treiben seines Werks, und also eine unfehlbare Vertröstung auch auf das Weitere ist, Anleitung und Aufforderung, Gott zu suchen, und Ihm die Herrlichkeit zu geben, wird ein Jeder zu seiner Zeit genug haben, wenn es ihm nur Ernst ist, sich dem Sichtbaren und der vergänglichen Lust der Welt zu entreißen. Gegen eine besondere Macht der Verführung und Versuchung wird Gott dem Wort von seinem Reich allemal auch eine besondere Klarheit in dem Gewissen, der Seinigen verleihen Hosianna, du Sohn Davids, mache dich auf, tröste uns über die Anstöße, die wir an dem verderbten Zustande der Kirche nehmen. Es kann freilich dem armen Zion nur durch göttliche Gewalt wieder geholfen werden. Beweise dich den Bösen zum Schrecken und den Guten zum Trost, als einen solchen Herrn der Natur. Wir wollen Dich inzwischen ansehen, wie Du auf Erden in Hoffnung gewandelt hast und das Ende aller Dinge immer hast im Gesicht gehabt, so werden wir uns des versuchlichen Schlummers erwehren.